• Aufgefallen

Hilferuf und Liebeserklärung

«Heldin», der Film über die Arbeit einer Pflegefachperson in einem Schweizer Spital, ist ein grosser Erfolg. Zu Recht – der Spagat zwischen Ode an den Pflegeberuf und Hilfeschrei gelingt eindrücklich.

Einer der vielen starken Momente des Films «Heldin»: Pflegefachfrau Floria gelingt es, eine verwirrte Patientin mit einem gemeinsam gesungenen Lied zu beruhigen.  Bild: www.heldin-film.ch
Einer der vielen starken Momente des Films «Heldin»: Pflegefachfrau Floria gelingt es, eine verwirrte Patientin mit einem gemeinsam gesungenen Lied zu beruhigen. Bild: www.heldin-film.ch

Ein Film über eine Pflegefachperson mit dem Titel «Heldin»: Kann das gut kommen? Kann dabei irgendetwas Überraschendes entstehen, erst recht für Menschen, die eine – wenn auch kleine – Ahnung vom Gesundheitswesen haben? Ja, es kann, so viel sei vorweggenommen. «Heldin» gelingt der Spagat, eine Liebeserklärung an den Pflegeberuf zu machen und gleichzeitig glaubwürdig und anschaulich die Überlastung des Systems und der darin Beschäftigten zu vermitteln.

Von der Heldin zum Menschen

Der Film erzählt den Ablauf der Spätschicht von Pflegefachfrau Floria. Da auf der voll belegten chirurgischen Station eine Kollegin krankheitshalber ausfällt, wissen die Zuschauenden schon von Beginn weg: Es wird keine ruhige Schicht werden. Der Spannungsbogen gelingt der Regisseurin Petra Volpe ausgezeichnet, die Zuschauenden leben mit, Rhythmus und Anspannung steigen parallel zum Stresslevel der Hauptfigur Floria. Diese – hervorragend gespielt von der preisgekrönten deutschen Schauspielerin Leonie Benesch – erscheint zu Beginn des Films wie eine Superheldin. Alle Herausforderungen bewältigt sie mit fast übermenschlicher Gleichmut, viel Engagement und spürbarem Willen, den ihr anvertrauten Menschen zu helfen. Irgendwann aber kippt es – auch die Heldin macht Fehler. Sie verabreicht einem Patienten ein falsches Medikament, auf das er allergisch reagiert, und lässt ihre Frustration auch mal am Gegenüber aus. Die Heldin wird zum Menschen. Es ist angesichts des grossen Zeitdrucks und der vielfältigen Ansprüche, die an Floria gestellt werden, für die Zuschauenden nachvollziehbar, warum es so weit kommt. Dieses Verständnis bringen aber nicht alle Betroffenen und Angehörigen auf. Dennoch gibt es auch viele versöhnliche Momente, viele Menschen sind Floria dankbar dafür, dass sie ihr Bestes gibt.

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Schieflage eines ganzen Systems

Und was ist mit den Ärztinnen und Ärzten? Diese nehmen, anders als in vielen bekannten Krankenhausserien und -filmen, in «Heldin» keine Hauptrolle ein, sondern kommen nur sehr am Rand vor. Es wird deutlich, dass es auch für sie nicht einfach ist. Darf etwa eine Ärztin, die den ganzen Tag ohne Pause im OP gestanden ist, eine Besprechung auf den nächsten Tag verschieben, obwohl der Patient sehnlichst auf den Befund wartet? In manchen Szenen wird deutlich, dass der Film nicht nur die Überlastung der Pflegenden zum Thema macht, sondern letztlich die Schieflage eines ganzen Systems.

Eindrückliche Darstellung aller Facetten

Der Film ist ein grosser Erfolg, landete direkt auf Platz eins der Schweizer Kinocharts, die Kritiken sind hervorragend – zu Recht. «Heldin» ist eine eindrückliche Darstellung des Pflegeberufs und des Spitalalltags. Natürlich gibt es einige Stereotype, die sehr plakativ dargestellt sind – etwa der arrogante Privatpatient – und Szenen, die nicht ganz realistisch erscheinen. Aber alles in allem ist der Film eine gelungene Mischung aus Liebeserklärung und Hilferuf. Mich persönlich hat der Film berührt, und ich bin mit dem starken Eindruck aus dem Kino gegangen, dass dieser Beruf trotz aller Widrigkeiten sehr viele grossartige Seiten hat.