- Forschung und Praxis
Metabolische Ursachen von Dyspnoe
Dyspnoe ist nicht in allen Fällen auf das kardiopulmonale System zurückzuführen, sondern kann auch im Zusammenhang mit endokrinologischen oder metabolischen Störungen auftreten. Typische Beispiele hierfür sind die diabetische Ketoazidose oder Erkrankungen der Schilddrüse.
11.02.2025
![COVID-19 shortness of breath pneumonia woman with Corona virus symptoms such as, fever, body aches breathing difficulties. Dyspnoe kann durch metabolische Störungen verursacht werden, die sich in der Regel gut behandeln lassen. Wichtig ist es jedoch, daran zu denken. Bild: Adobe Stock](/fileadmin/_processed_/f/9/csm_155112_69ea67f9ca.jpeg)
Zusammenfassung
Endokrinologische bzw. metabolische Störungen haben oft Auswirkungen auf verschiedenste Funktionen des Organismus. Hierzu kann nicht selten auch eine Beeinträchtigung der Atemfunktion gehören. Die diabetische Ketoazidose als Folge eines Insulinmangels ist eine typische metabolische Azidose, die der Körper durch ein vermehrtes Abatmen von Kohlenstoffdioxid zu kompensieren versucht. Dies führt zum klassischen Bild der «Kussmaul»-Atmung. Durch den vermehrten Einsatz von SGLT2-Hemmern, welche die sonst typische Hyperglykämie reduzieren und damit auch die Diagnostik erschweren können, ist das Auftreten der diabetischen Ketoazidose auch in den letzten Jahren eine wichtige Differenzialdiagnose geblieben. Pathologien der Schilddrüse können nicht nur über morphologische Beeinträchtigungen, etwa bei einer Struma (Kompression), zu einer Dyspnoe führen. Auch an Funktionsstörungen muss hier gedacht werden. Sowohl eine Hypo- wie auch eine Hyperthyreose beeinflussen auf verschiedenen Wegen das kardiovaskuläre System und können schliesslich zu einer Dyspnoe führen. Wird an die entsprechenden Entitäten gedacht, ist die Labordiagnostik der genannten metabolischen/endokrinologischen Erkrankungen dann grundsätzlich einfach. Entsprechend wichtig ist die Kenntnis dieser Störungen als Differenzialdiagnose der Tachy- und Dyspnoe.
Dieser Artikel ist ursprünglich in der «Therapeutischen Umschau» (2023); 80 (6): 280–283 erschienen.
Endokrinologische bzw. metabolische Erkrankungen zeigen klassischerweise ein breites Spektrum an Symptomen und Befunden, mit welchen sie einhergehen und die mehr oder weniger typisch sind für das Krankheitsbild. Hierbei ist ein Einbezug des kardiopulmonalen Systems nicht selten, und damit auch das Auftreten von Tachy- und Dyspnoe. Auch wenn endokrinologische oder metabolische Erkrankungen bezüglich Häufigkeit nicht an erster Stelle in der Liste von Differenzialdiagnosen der unklaren Dyspnoe stehen, ist es sehr wichtig, an sie zu denken, da sowohl die Diagnostik als auch die anschliessende therapeutische Intervention in der Regel vergleichsweise einfach sind. Entsprechend ist das Drandenken entscheidend. Dies ist gerade bei den im Folgenden vorgestellten Erkrankungen «Diabetische Ketoazidose» und «Hypo- und Hyperthyreose» deutlich ersichtlich.
Diabetische Ketoazidose
Fall
Ein 55-jähriger Patient wird von seiner Ehefrau auf die Notfallstation gebracht. Er klagt über Schwäche, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Vor etwa drei Tagen habe alles mit Diarrhoe und Erbrechen begonnen. Daran habe die Ehefrau einen Tag davor auch gelitten, bei ihr habe sich alles sehr schnell wieder gebessert. Beim Patienten allerdings sei zwar die Diarrhoe etwas besser geworden, hingegen habe sich der Allgemeinzustand zusehends verschlechtert. Essen habe der Patient praktisch nichts mehr können. Beim leicht übergewichtigen Patienten sei vor 20 Jahren ein Typ-2-Diabetes-mellitus diagnostiziert worden, der aktuell mit 2-mal 1000 mg Metformin, 10 mg Empagliflozin und 20 Einheiten Basisinsulin sowie 3-mal täglich mit 5 bis 10 Einheiten Bolusinsulin therapiert werde. Aufgrund der fehlenden Nahrungszufuhr habe der Patient das Insulin über die letzten Tage allerdings nicht mehr appliziert. Im klinischen Untersuch präsentiert sich der Patient kardial kompensiert, aber dehydriert und tachykard. In erster Linie fällt auch eine schwere Tachypnoe auf (Atemfrequenz 35/min). Der Blutzucker ist mit 9,3 mmol/l nur moderat erhöht.
Pathogenese, Klinik und Diagnose
Die diabetische Ketoazidose ist die typische Manifestation des entgleisten Typ-1-Diabetes-mellitus, sie kann unter gegebenen Umständen aber auch beim Typ-2-Diabetes auftreten. Ein absoluter oder relativer Mangel (Resistenz) an Insulin führt zu einer vermehrten Freisetzung von Fettsäuren im peripheren Fettgewebe. Diese Fettsäuren werden zur Leber transportiert, wo die Aktivierung zu Acyl-CoA stattfindet. Nach der mitochondrialen Beta-Oxidation findet dann aber mehrheitlich nicht der weitere Abbau im Citrat-Zyklus statt, sondern eben die Synthese der Ketonkörper Acetoacetat, Aceton und Beta-Hydroxybutyrat. Die vermehrte Ketonkörperproduktion ist eine physiologische Erscheinung im Rahmen eines Fastenzustandes, da die Ketonkörper dann als Energielieferanten – etwa für das Gehirn – dienen, wenn die Glukose- bzw. Glykogenspeicher ausgeschöpft sind. Im Rahmen der diabetischen Ketoazidose, bei der eine sonst auch im Fastenzustand noch vorhandene minimale Insulinwirkung praktisch fehlt, führt die sehr starke Ketonkörperproduktion zur metabolischen Azidose; Acetessigsäure und Beta-Hydroxbuttersäure sind starke organische Säuren.
Wie erwähnt wird die diabetische Ketoazidose vor allem im Rahmen des Typ-1-Diabetes-mellitus gesehen, kann aber auch beim Typ-2-Diabetes auftreten, wenn schwere Insulinresistenz und Betazellerschöpfung zusammenkommen. Insbesondere im Rahmen von Stresssituationen, etwa bei einem schweren akuten Infekt, ist das Risiko erhöht.
Im Rahmen der diabetischen Ketoazidose sind zum einen die klassischen Zeichen der Hyperglykämie typisch (auch wenn gelegentlich keine schwere Hyperglykämie festgestellt wird, wie in unserem Fall, wie weiter unten diskutiert). Hierzu gehören im Rahmen der osmotischen Diurese die Polyurie, die Polydipsie und der Gewichtsverlust. Im weiteren Verlauf können hier dann auch neurologische Symptome dazukommen, vor allem im Sinne von Lethargie und Somnolenz.
Neben den durch die Hyperglykämie bedingten Symptomen, und typisch für die diabetische Ketoazidose, treten dann auch gastrointestinale Symptome auf: Übelkeit, Erbrechen, abdominale Schmerzen. Neben in erster Linie durch die Dehydratation hervorgerufener Hypotension und Tachykardie stellen wir dann die schnelle und tiefe «Kussmaul»-Atmung fest, die der Kompensation der metabolischen Azidose dienen soll. Der volatile Ketonkörper Aceton, der hierbei ausgeatmet wird, verleiht dem Atem den typischen Geruch überreifer Früchte, ähnlich auch dem Geruch von Nagellackentferner. Die Diagnose der Ketoazidose ist bei entsprechendem Verdacht einfach: Stark erhöhte Ketonkörper in Blut und Urin, zusammen mit einer Azidose und einer vergrösserten Anionenlücke, sprechen für die Diagnose, selbst bei nur mässig erhöhtem Blutzucker.
Fallbesprechung
Bei unserem 55-jährigen Patienten zeigte sich in der Blutgasanalyse eine schwere metabolische Azidose im Sinne einer diabetischen Ketoazidose, bei ebenfalls erhöhten Ketonkörpern. Zwar assoziieren wir diese vor allem mit dem Typ-1-Diabetes-mellitus, trotzdem ist der präsentierte Fall keine absolute Rarität.
Bei diesem Patienten müssen wir eine stattgehabte Gastroenteritis vermuten, bei entsprechenden Symptomen sowohl bei ihm als auch bei der Ehefrau. Dieser Infekt kann im vorliegenden Fall als zusätzlicher Stressor die Ketogenese begünstigt haben. Unglücklicherweise hat der Patient nun aufgrund einer mangelnden Instruktion seine bestehende Insulintherapie gänzlich sistiert. Er wollte damit eine Hypoglykämie verhindern, da er aufgrund der Gastroenteritis praktisch nichts mehr essen konnte. Hierzu wäre aber in erster Linie eine Adaptation des Bolusinsulins erforderlich gewesen. Durch das zusätzliche Weglassen des Basisinsulins hat der Patient dem Körper alles exogene Insulin, und damit auch eine mögliche Bremse der Ketonkörperproduktion und -azidose, entzogen.
Weshalb ist es aber nicht zur Hyperglykämie gekommen, die für den Patienten ein Warnsignal hätte sein können, dass etwas nicht stimmt? Hier ist nun die Medikation mit einem SGLT2-Hemmer zu bedenken, heute aufgrund des kardiovaskulären/renalen Benefits eine der häufigsten Therapien des Typ-2-Diabetes-mellitus. Durch die Förderung der renalen Glukoseexkretion wird zum einen die Hyperglykämie deutlich reduziert. Zum anderen werden weitere Mechanismen postuliert, die die Ketoazidose direkt fördern, wie eine Stimulation der tubulären Rückresorption von Ketonkörpern durch die starke Glukosurie. Die Ketoazidose ist daher eine zwar insgesamt nicht sehr häufige, aber dennoch ernst zu nehmende Gefahr bei der SGLT2-Hemmer-Therapie [1].
Zuletzt muss auch hinter die Diagnose des Typ-2-Diabetes-mellitus bei unserem Patienten noch ein Fragezeichen gesetzt werden. Beim nur leicht übergewichtigen Patienten ist bereits im Alter von 35 Jahren ein Diabetes diagnostiziert worden, der aktuell einer intensivierten Insulintherapie bedarf. Die Differenzialdiagnose eines Typ-1-Diabetes, im Erwachsenenalter nicht selten mit langsam über die Jahre abnehmender Insulinsekretion vergesellschaftet, ist hier durchaus eine Möglichkeit – und damit die Gefahr eines absoluten Insulinmangels. Aber auch bei zutreffender Typ-2-Diabetes-mellitus-Diagnose ist nach der langen Diabetesdauer eine deutlich eingeschränkte Betazellfunktion wahrscheinlich.
Therapie
Neben dem Erkennen der diabetischen Ketoazidose ist ein rasches therapeutisches Handeln essenziell [2]. Die erste Massnahme in der Behandlung der Ketoazidose ist die Volumengabe zur Korrektur der Volumendepletion und Stabilisierung der kardiovaskulären Situation. Dies dient nicht zuletzt auch einer anschliessend besseren Insulinwirkung durch Reduktion der Plasmaosmolalität, Reduktion von Vasokonstriktion und damit einer Perfusionsverbesserung, sowie durch Reduktion der Stresshormonantwort. Wichtigstes Element der Behandlung ist alsdann die intravenöse, gewichtadaptierte Insulingabe (0,1 U/kg als initialer Bolus, anschliessend dieselbe Menge pro Stunde) und damit das Durchbrechen der unkontrollierten Ketonkörperproduktion. Gleichzeitig, oder bei bereits zuvor bestehender Hypokaliämie, sollte eine intravenöse Kaliumsubstitution beginnen, um der relevanten Verschiebung von Kalium in den intrazellulären Raum, die durch die Insulingabe getriggert wird, entgegenzuwirken. Eine zusätzliche Glukoseinfusion kann notwendig sein, wenn die Glukosewerte absinken, bevor die Ketoazidose gänzlich therapiert ist.
Die Therapie erfordert die regelmässige Messung von pH, Elektrolyten, Blutglukose und Ketonkörpern. Eine allfällige bestehende SGLT2-Hemmer-Therapie (wie im hier beschriebenen Fallbeispiel) sollte vorderhand pausiert werden.
Für die Praxis
Die diabetische Ketoazidose ist eine klassische metabolische Azidose, die zu einer kompensatorischen Tachypnoe führt. Sie darf auch bei nur moderat oder gar nicht erhöhten Blutzuckerwerten nicht verpasst werden. Die euglykäme diabetische Ketoazidose [3] ist mit dem vermehrten Einsatz von SGLT2-Hemmern in den letzten Jahren etwas häufiger geworden. Das Durchbrechen der ungehemmten Ketonkörperproduktion durch die Gabe von Volumen, Insulin und Kalium ist essenziell in der Behandlung.
Schilddrüse
Fall
Ein 40-jähriger Mann durchläuft eine Odyssee bei diversen Ärztinnen und Ärzte, die er infolge mehrmonatiger Müdigkeit, progredienter Alopezie sowie Gewichtszunahme und Atemnot ab dem zweiten Stock Treppensteigen aufsucht. Trotz familiär bekannter Schilddrüsenunterfunktion wird während zweier Jahre keine TSH-Messung durchgeführt. Erst dann findet ein Dermatologe bei zunehmender Alopezie einen TSH-Wert von 121 mU/L (Ref 0.31–4.0). Die freien Werte sind nicht messbar tief. Nebenbefundlich zeigt sich ein ausgeprägter hypogonadotroper Hypogonadismus sowie eine deutliche Dyslipidämie. Im Ultraschall findet sich eine kleine Schilddrüse (2,6 ml Gesamtvolumen, normal bis 25 ml). Es zeigt sich das typische Muster einer Autoimmunthyreopathie.
Nach Beginn einer Substitution mit Thyroxin zeigt sich im Verlauf eine Normalisierung der TSH-Werte sowie eine komplette Regredienz des Hypogonadismus und der erhöhten Cholesterinwerte. Die Atemnot verschwindet bereits nach wenigen Tagen.
Pathogenese, Klinik und Diagnose
Bei einer Abklärung von ätiologisch unklarer Dyspnoe sollte immer auch an eine Störung der Schilddrüse gedacht werden [4]. Mögliche Störungen lassen sich am einfachsten nach dem Schema F&F einteilen: Form und Funktion. Neben metabolischen Störungen, d. h. Funktionsstörungen, können auch morphologische Veränderungen Grundlage einer Dyspnoe sein und sollen hier auch kurz Erwähnung finden. Die Schilddrüse liegt über der Luftröhre, angrenzend an die Speiseröhre. Bei einer Zunahme des Volumens der Schilddrüse ist sie somit prädestiniert, für obstruktive Beschwerden zu sorgen.
1. Form: Hier geht es vor allem um eine Volumenzunahme der gesamten Schilddrüse im Rahmen einer grössenprogredienten Struma diffusa oder beispielsweise bei einer Thyreoiditis de Quervain. Auch bei grössenprogredienten Knoten (gut- wie auch bösartig) kann es zu einer Kompressionsproblematik im Bereich des Übergangs von der Schilddrüse zur Luftröhre kommen, die Atemnot verursachen kann. Schilddrüsenknoten sind eine häufige Krankheit, und ihre Abklärung und Therapie ist heutzutage standardisiert [5]. Essenziell ist es, eine saubere Anamnese und einen körperlichen (Schilddrüsen-)Untersuch durchzuführen, um auf eine allfällige Kompressionsproblematik aufmerksam zu werden. Eine einfache Spirometrie [6] kann auch weiterhelfen in der Diagnostik.
Sollte sich eine obstruktive Problematik zeigen, die zu einer Behinderung der Atmung führen kann, sollte dies anlässlich eines interdisziplinären Schilddrüsenboards besprochen werden, da je nach Ursache der Kompression unterschiedliche Therapien gewählt werden. Die Möglichkeiten reichen von der Operation über die Radioiod-Ablation bis hin zur Thermoablation von einzelnen Knoten, falls diese zytologisch als benigne abgeklärt sind.
Selten können auch maligne Veränderungen der Schilddrüse zu Lungenmetastasen und damit zu einer Beeinflussung der Atemfunktion führen. (Abb. 1)
2. Funktion: Die Schilddrüse kennt drei Funktionslagen: Euthyreose, Hypothyreose und Hyperthyreose. Sowohl die Hypo- wie auch die Hyperthyreose kann zu einer Dyspnoe führen. Die Mechanismen sind grundsätzlich verschieden.
a) Hyperthyreose: Die Überfunktion ist in den meisten Fällen gekennzeichnet durch eine vermehrte Produktion von T4 und T3 (selten auch durch eine destruktive Freisetzung der Schilddrüsenhormone bei Thyreoiditis), etwa im Rahmen eines Morbus Basedow oder einer Autonomie («heisser Knoten»).
Auf zellulärer Ebene wirken die Schilddrüsenhormone durch das Andocken von T3 an Kernrezeptoren. T3 (Thyronin) ist das biologisch aktive Schilddrüsenhormon und bindet auch in den kardialen Myozyten. Es führt zu einer beta-adrenergen Stimulation und in der Folge zu einer inotropen wie auch chronotropen Stimulation, die sich in einer Tachykardie niederschlägt. Vorübergehend wird das Herzzeitvolumen (cardiac output) erhöht. Im Verlauf kommt es jedoch zu einer diastolischen Relaxationsstörung – beides mit konsekutiver Entwicklung einer pulmonalen Drucksteigerung. Die Gefahr eines tachykarden Vorhofflimmern steigt und ebenso die Möglichkeit einer tachykarden Kardiomyopathie. Eine Dyspnoe kann mit diesen Herz-Kreislauf-Veränderungen einhergehen. Zudem erhöht die Hyperthyreose den Atemantrieb, was als Dyspnoe wahrgenommen werden kann.
Es kann zudem im Rahmen der Schilddrüsenhormon-Überproduktion zu einer Gerinnungsstörung kommen mit konsekutiv erhöhtem Risiko für Lungenembolien, die ihrerseits ein weiterer Grund für eine Dyspnoe sein können.
Nach der initialen Diagnostik (Messung eines niedrigen bzw. supprimierten TSH sowie der erhöhten peripheren Hormone) richtet sich die weitere Diagnostik und Therapie der Hyperthyreose nach der vermuteten Ursache der Hormon-Überproduktion. Zusätzlich ist initial meist eine Betablockade angezeigt, um unter anderem zügig die kardiovaskuläre Situation zu verbessern.
b) Hypothyreose: Die Schilddrüsen-Unterfunktion ist meistens im Rahmen einer primären Hypothyreose zu sehen. Sekundäre Formen sind selten. Wichtigstes Detektionsinstrument ist auch hier das Messen des TSH. Die Prävalenz der Hypothyreose in Europa liegt bei circa 0,5–5,3 Prozent [7]. Der häufigste Grund der Hypothyreose ist eine Autoimmunentzündung (Hashimoto-Thyreoiditis). Die Symptome einer Unterfunktion sind mannigfaltig [8] und reichen von trockener Haut bis zu vermehrtem Frieren sowie Gewichtszunahme und Obstipation. 51 Prozent aller Betroffenen weisen jedoch auch eine Atemnot auf.
Im Rahmen einer ausgeprägten Unterfunktion der Schilddrüse kommt es zu einem Abfall des cardiac output und einer Reduktion der kardialen Kontraktilität. Eine Bradykardie tritt auf. Zudem ist die Expression von beta-adrenergen Rezeptoren reduziert, und der periphere Gefässwiderstand ist erhöht [9]. Im Verlauf kommt es zur Ausbildung einer generalisierten Myopathie. Die Unterfunktion reduziert den Atemantrieb, sorgt für eine Schwächung der Atemmuskulatur und kann allenfalls ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom oder Pleuraergüsse verursachen. Diese verschiedenen Faktoren können trotz reduzierten Atemantriebs dazu führen, dass infolge Hypoxämie und Hyperkapnie die Empfindung einer Atemnot auftritt.
An dieser Stelle soll nicht über die Behandlung einer subklinischen Hypothyreose gesprochen werden bzw. ab welchem TSH-Wert diese behandelt werden soll. Bei einer manifesten Hypothyreose mit Atemnot steht sicherlich die Suche nach der Ursache der Unterfunktion im Vordergrund, vor allem aber auf jeden Fall der zügige Beginn einer Thyroxin-Therapie.
Für die Praxis
Auswirkungen auf die Lungenfunktion können nicht nur Grössenveränderungen der Schilddrüse bzw. Neoplasien, sondern auch sowohl die Hyper- als auch die Hypothyreose haben. Ein Mangel oder Exzess an Schilddrüsenhormonen kann sich über die Beeinflussung des kardiopulmonalen Systems direkt wie auch indirekt auf die Atmung auswirken. Die Funktionsdiagnostik ist mit der Messung des TSH sehr einfach, weshalb sie obligat bei der Abklärung einer unklaren Dyspnoe erfolgen sollte.
Fazit
Im Zusammenhang mit dem Auftreten einer Dyspnoe wird meist nicht als erstes an metabolische Ursachen gedacht. Dies hat verschiedene Gründe – so sind etwa andere Störungen hier sicherlich häufiger als Ursache zu nennen. Dennoch ist es entscheidend, diese Entitäten bei den differenzialdiagnostischen Überlegungen bezüglich einer unklaren Dyspnoe im Hinterkopf zu haben. Die Diagnostik ist meist sehr einfach und beschränkt sich auf das Erfassen von wenigen Laborparametern. Ebenso ist die Korrektur der Störungen in der Regel einfach und schnell zu bewerkstelligen. Entsprechend wird die Chance auf ein korrektes und zeitverzugsloses Management der Patientinnen und Patienten vergeben, wenn erst spät an die endokrinologischen und metabolischen Ursachen der Dyspnoe gedacht wird.
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Literatur
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- Vasileiou M, Gilbert J, Fishburn S, Boelaert K, Committee G. Thyroid disease assessment and management: summary of NICE guidance. BMJ. 2020;368:m41.
- Fischli S, Strobel K, Sol Pérez Lago MD, Arnold W, Wicke C. [Modern diagnosis and therapy of benign thyroid diseases]. Ther Umsch. 2020;77(9):409–17.
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