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Assistenzzeit: ein fremdes Land und eine wichtige Lektion
Dank des guten Zuspruchs einer Bekannten hatte Klara Landau ein Medizinstudium begonnen – und entdeckte im letzten Semester ihre Liebe zur Ophthalmologie (Teil 2/6).
11.04.2024
Im letzten Semester vor dem Staatsexamen war es um mich geschehen: In einem praktischen Ophthalmologie-Kurs hatte ich mich in die Augenheilkunde verliebt. Mir wurde klar, dass ich Augenärztin werden will, und so bewarb ich mich in Zürich für eine Stelle. Da eine solche Stelle sehr begehrt war, sammelte ich während der Wartezeit Erfahrungen in Anästhesie, Gerichtsmedizin und Neurochirurgie. In diesen dreieinhalb Jahren war ich regelmässiger Gast im Vorzimmer des damaligen Direktors Prof. Rudolf Witmer, um mein fortwährendes Interesse an der Stelle an seiner Augenklinik zu bekunden. Hätte mir jemand prophezeit, dass ich zwanzig Jahre später selbst Direktorin dieser Augenklinik werden sollte, ich hätte die Person für verrückt gehalten…
Meine Ausdauer zahlte sich aus: Ich erhielt eine Zusage und startete meine ophthalmologische Weiterbildung am 1. Mai 1982. Dass ich nach nur vier Monaten kündigte, lag daran, dass mein Mann und ich – frisch verheiratet – in seine Heimat Israel auswanderten. Prof. Witmer war etwas überrascht, gab mir aber einen schönen Empfehlungsbrief mit auf den Weg.
Im September folgte der Umzug in ein mir fremdes Land, dessen Sprache ich nicht kannte und in dem es genügend andere Anwärterinnen und Anwärter für eine Weiterbildung in Ophthalmologie gab. Zudem war ich schwanger, weshalb ich zum einzigen Mal in meinem Berufsleben ein ganzes Jahr aussetzte, um mich am neuen Ort zurechtzufinden, Neuhebräisch, genannt Ivrit, zu lernen und Zeit mit meinem kleinen Sohn zu verbringen.
Im Kaplan-Spital in der Stadt Rehovot, wo ich schliesslich eine Stelle als Assistenzärztin in der Augenklinik antreten konnte, war es völlig normal, dass man als junge Mutter weiterarbeitet, operieren lernt und eine hervorragende Weiterbildung absolviert. Auch war es unter Kolleginnen und Kollegen selbstverständlich, sich gegenseitig zu vertreten, damit wir die Geburtstagsfeste der eigenen Kinder in deren Kindergarten besuchen konnten. Eine echte Herausforderung waren in dieser Zeit die beiden anspruchsvollen Facharztprüfungen und das amerikanische Examen «Foreign Medical Graduate Examination in the Medical Sciences» (FMGEMS) – und dies sowohl auf fachlicher als auch auf organisatorischer Ebene. Denn die Bedürfnisse unserer inzwischen vierköpfigen Familie waren nach der Geburt unserer Tochter im Sommer 1985 nicht weniger geworden.
Während meiner fünfjährigen Tätigkeit an der Augenklinik in Israel fielen mir wichtige Unterschiede zur früher erlebten Kultur in den Schweizer Spitälern auf: Es gab flachere Hierarchien, und das Engagement für die medizinische Weiterbildung war sehr hoch. Als ich als unerfahrene Anfängerin kurz nach Stellenantritt vom Chefarzt im Plenum gefragt wurde, wie man ein komplexes augenärztliches Krankheitsbild in Zürich behandeln würde, war ich sprachlos. Einerseits, weil ich es schlicht nicht wusste, andererseits, weil ich eine solche Frage nicht erwartet hatte. Diese Episode lehrte mich, dass meine Meinung zählt – und das war sehr motivierend.
Als nächsten Karriereschritt nach meinem Abschluss als Augenärztin und dem bestandenen Doktorat meines Mannes in Chemie strebten wir eine weitere Spezialisierung in den USA an. Damals konnte man sich nur mittels Briefen bewerben, und als Duo war das alles andere als einfach. Ich kann mich noch heute an die Aufregung erinnern, als ein Brief ankam mit dem Logo der UCSF Medical School: Ich war so gespannt, ob mich der weltbekannte Prof. William F. Hoyt als Fellow in Neuro-Ophthalmologie akzeptiert hatte. Aber darüber können Sie in der nächsten Ausgabe mehr erfahren.
Klara Landau ist emeritierte Professorin für Ophthalmologie und war die erste Frau an der Spitze einer Klinik des Universitätsspitals Zürich. Sie erzählt ihren Werdegang in sechs Stationen.