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medifuture: viele Fragen und einige Antworten

Am Laufbahnkongress medifuture erhielten rund 500 Medizinstudierende einen vertieften Einblick in verschiedene medizinische Karrieren und konnten ihre Fragen stellen. Drei Dinge wurden dabei besonders deutlich: Der Einstieg ist hart, der Beruf faszinierend, und oft spielt auch der Zufall mit.

Handy hoch und los: Die aktive Mitarbeit der Medizinstudierenden war am Laufbahnkongress medifuture gefragt. Bild: Yanik Gasser/pixters.ch
Handy hoch und los: Die aktive Mitarbeit der Medizinstudierenden war am Laufbahnkongress medifuture gefragt. Bild: Yanik Gasser/pixters.ch

«Wie oft habt ihr etwas falsch gemacht und dies verschwiegen?» Auf diese Frage hatten Afreed Ashraf und Willi Balandies, Assistenzärzte und Initiatoren des Podcasts Swissmedtalk, keine Antwort. Zumindest keine, die für die Ohren der rund 500 Teilnehmenden des diesjährigen Laufbahnkongresses medifuture bestimmt gewesen wäre. Als – notabene selbst gewählte – Strafe für jede unbeantwortete Frage mussten die beiden eine der zunehmend schärfer werdenden Chilisaucen probieren. Da all die Medizinstudierenden aber nicht primär nach Bern gereist waren, um Afreed und Willi beim Essen zuzusehen, sondern um Antworten auf ihre Fragen zu erhalten, nahmen sich die beiden Assistenzärzte auch einiger Fragen an und beantworteten sie offen und ehrlich.

Zweifel sind normal

«Habt ihr noch Freizeit?» So viel freie Zeit wie im Studium bleibe einem in der Assistenzzeit nicht mehr, stellte Afreed Ashraf klar. «Aber je mehr man zu tun hat, desto besser plant man seine Aktivitäten», ergänzte er. Nach einer Übergangsphase könne er nun wieder viermal pro Woche Sport machen.

«Würdet ihr die Dissertation vor Beginn der Assistenzzeit machen oder nicht?» «Mein Tipp: Macht sie vorher», sagte Willi Balandies aus eigener Erfahrung: Er hat noch nicht doktoriert – und momentan auch keine Zeit dafür.

«Würdet ihr eher in einem kleinen Spital beginnen oder in einem grossen?» Er habe seine Assistenzzeit in einem Kantonsspital der Kategorie A gestartet, antwortete Afreed Ashraf. «Der Beginn war heftig.» Ein breites Spektrum, viel Verantwortung und viel Druck – das sei schon eine Herausforderung gewesen. «Dafür war die Lernkurve extrem steil.» Willi Balandies hingegen hatte seinen Einstieg in einem Peripherie-Spital der Kategorie C. Etwas, das er allen weiterempfehlen würde. «Es ist auch so noch streng genug.» Aber bei einem kleinen Spital sei alles etwas übersichtlicher, und die Wege seien kurz.

«Habt ihr euch schon überlegt, den Job zu wechseln?» «Ja. In den ersten drei Monaten habe ich mich oft gefragt: ‹Boah, wofür habe ich mich nur entschieden? Und möchte ich dies wirklich langfristig machen?›», sagte Afreed Ashraf. Nach drei Monaten sei es aber leichter geworden und nach sechs habe es begonnen, Spass zu machen. «Dass die ersten Monate besonders streng sind, darauf müsst ihr euch wohl einfach einstellen.»

Von Sprachkenntnissen bis zur Work-Life-Balance

Einige Fragen hatten die Medizinstudierenden auch an die zahlreichen Vertreterinnen und Vertreter von Spitälern, Fachgesellschaften und weiteren Organisationen, die in der Ausstellung Give-aways verteilten, Aktivitäten wie die Simulation einer Laparoskopie oder einer Nasenendoskopie begleiteten und vor allem: Auskunft gaben. «Reichen meine Sprachkenntnisse für eine Tätigkeit in Freiburg?», war eine der dominierenden Fragen am Stand des Freiburger Spitals HFR. «Welches ist die beste Strategie, um eine der wenigen Stellen in der Oto-Rhino-Laryngologie zu erhalten?», wollten einige Studierende von den Vertretern dieser Fachgesellschaft wissen. «Ist eine gute Work-Life-Balance in der Chirurgie möglich?», «Wie kompetitiv ist das Klima?» und «Ist es für Frauen schwieriger, in der Chirurgie Fuss zu fassen?», waren häufige Fragen am Stand des Swiss College Of Surgeons.

Weiterbildung: Weg von Zahlen hin zu Kompetenzen

So vielfältig wie die Fragen an den Ständen waren auch die Themen der Referate. Monika Brodmann Maeder, früher Notfallmedizinerin und jetzt Präsidentin des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF), stellte das Institut vor und zeigte auf, wie die Zukunft der Weiterbildung aussehen soll. Kurz zusammengefasst: Weg von der Beurteilung der Zahlen und hin zur Prüfung der Kompetenzen. Welche Rolle künstliche Intelligenz künftig in der Medizin spielen könnte, zeigte Satvroula Mougiakakou, Professorin an der Medizinischen Fakultät der Universität Bern und Expertin für künstliche Intelligenz im medizinischen Bereich, auf.

Es gibt mehr als nur Spital oder Praxis

Weitere Referentinnen und Referenten gaben einen Einblick in ihre medizinische Tätigkeit: Sven Streit, Hausarzt und Präsident der Nachwuchsförderungskommission der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM), betonte zum einen die Vielfältigkeit dieses Fachgebiets, zum anderen hob er die vielen Möglichkeiten zur Ausübung des ärztlichen Berufs hervor. Zwei Beispiele dafür lieferten kurz darauf Margherita Plebani und Laure Jaton. Während erstere Oberärztin für pädiatrische Infektiologie am Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) ist, arbeitet letztere seit 2023 in ihrer eigenen Praxis in Morges. Doch beide tun noch viel mehr: Laure Jaton engagiert sich sowohl politisch als auch im Bereich der öffentlichen Gesundheit und findet es hilfreich, wie sich all diese Aktivitäten gegenseitig befruchten. Margherita Plebani ist Co-Präsidentin der vsao-Sektion Waadt (ASMAV) und wirkt unter anderem an der Universität Lausanne im Bereich der Weiterbildung mit. Möglich wurde ihr vielseitiges Engagement jedoch eher zufälligerweise. Um mit einer Arbeitskollegin nicht in ständiger Konkurrenz um die eine verfügbare Stelle zu sein, schlugen die beiden ihrem Chef ein Jobsharing vor – was auf Anklang stiess. «Think out of the box», ermutigte Margherita Plebani die Zuhörenden. «Nur, weil etwas bislang nicht gemacht wurde, heisst dies nicht, dass es unmöglich ist.»

Bilder und Beispiele

Anhand von Bildern brachte Thomas von Wyl den Zuhörenden seine aktuelle Tätigkeit als Anästhesist und Intensivmediziner sowie seine Vergangenheit als Rega-Arzt nahe, und Sabine Heselhaus erzählte, welchen Einfluss ihre Mutterschaft auf ihre Karriere als Chirurgin hatte und warum sie Klimaaktivistin wurde. Mit einem typischen Beispiel zeigten Chefärztin Franziska Schlensog-Schuster und Assistenzärztin Alina Killer der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern die Nähe der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie zur Pädiatrie auf. Und Svenja Ravioli liess die Anwesenden an ihren Erfahrungen auf der Notfallmedizin in London teilhaben und gab einige Tipps zu Auslandaufenthalten.

An manchen Ständen konnten die Medizinstudierenden auch selbst mit Hand anlegen. Bild: Yanik Gasser/pixters.ch

Eine volle Halle: Mit rund 500 Teilnehmenden war der Laufbahnkongress medifuture auch dieses Jahr ausgebucht. Bild: Yanik Gasser/pixters.ch

Bewerbungsfoto gefällig? Am Stand der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) konnten sich die Studierenden ablichten lassen. Bild: Yanik Gasser/pixters.ch

Auch für das leibliche Wohl war am Laufbahnkongress medifuture gesorgt. Bild: Yanik Gasser/pixters.ch

Wer alle Wettbewerbsfragen richtig beantwortete, konnte als Preis die Finanzierung des ersten Facharzttitels im Wert von 4000 Franken gewinnen. Bild: Yanik Gasser/pixters.ch 

Mit Umwegen zum Traumberuf

Trotz all dieser verschiedenen Laufbahnen und Interessen – zwei Gemeinsamkeiten fielen auf: Zum einen sprachen alle mit grosser Begeisterung von ihrem Beruf. Zum anderen schien kaum jemand ohne Umwege ans Ziel gelangt zu sein bzw. an den ursprünglichen Plänen festgehalten zu haben; oft spielte auch der Zufall mit. So auch bei der Intensivmedizinerin und ehemaligen vsao-Vizepräsidentin Nora Bienz. Sie hatte eigentlich eine Karriere als operative Gynäkologin angestrebt, jedoch nach einem Jahr in der Chirurgie keine Anschlussstelle gefunden und war schliesslich in der Intensivmedizin gelandet – die ihr viel besser entsprach. «Wir sollten Karriere breiter fassen als nur das Hochklettern der Karriereleiter. Wir alle erleben Tiefpunkte, und die meisten Medizinerinnen und Mediziner haben die eine oder andere Extraschlaufe gemacht – jedoch dabei an Erfahrung gewonnen», sagte sie und kam damit auf eine eingangs der Veranstaltung gestellte Frage zurück, wie und wann man denn seine Fachrichtung finde.

Auch die verschiedentlich aufgetauchte Frage nach Freizeit und Ausgleich kann Nora Bienz gut nachvollziehen. «Ich glaube, wir alle brauchen Pausen und einen Rückzugsort.» Welche Ressourcen dabei hilfreich seien, müsse jede Person selbst herausfinden. Ihr habe es jedoch geholfen, Hobbys und Freundschaften auch in stressigen Zeiten nicht aufzugeben. Und schliesslich lohne es sich, immer mal wieder innezuhalten und sich zu fragen: «Was möchte ich als Mensch erreichen?»