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Vom Konzept zur Realität: die Entstehung eines Bootcamps für den Kindernotfall

Das «Pediatric Emergency Medicine Bootcamp» gibt Kindernotfallmedizinerinnen und -medizinern die Möglichkeit, ihre manuellen Fähigkeiten zu trainieren. Dies mit dem Ziel, die Patientenversorgung auf den Notfallstationen zu verbessern. Damit füllt es eine Lücke in der Ausbildung der interdisziplinären Kindernotfallmedizin. Wie ist das Angebot entstanden?

Eine Teilnehmerin des «Pediatric Emergency Medicine Bootcamps» legt eine Thoraxdrainage ein und wird dabei von einem Experten unterstützt. Bild: zvg
Eine Teilnehmerin des «Pediatric Emergency Medicine Bootcamps» legt eine Thoraxdrainage ein und wird dabei von einem Experten unterstützt. Bild: zvg

Die interdisziplinäre Kindernotfallmedizin ist seit 2014 ein eigenes Schwerpunktgebiet innerhalb der Pädiatrie und Kinderchirurgie. Alle grösseren, insbesondere universitären Kinderkliniken in der Schweiz haben auf eine interdisziplinäre Arbeitsweise umgestellt und sind die erste Anlaufstelle für alle pädiatrischen und kinderchirurgischen Notfälle. Aufgrund der geringen Fallzahlen von Kindern, die spezielle Eingriffe benötigen, und der regionalen Unterschiede der einzelnen Kliniken (Versorgungsspektrum, Einzugsgebiet) ist es für angehende Kindernotfallmedizinerinnen und -mediziner oft eine Herausforderung, eine ausreichende Exposition gegenüber allen essenziellen Notfalleingriffen zu erlangen und diese Kompetenzen aufrechtzuerhalten. Für die optimale Versorgung von Patientinnen und Patienten auf Kindernotfallstationen stellt dies jedoch einen bedeutenden Faktor dar.

Ein Bootcamp zum Üben

Um diesem Bedarf gerecht zu werden, organisierte die Pediatric Emergency Medicine Switzerland (PEMS) im Oktober 2023 gemeinsam mit dem Kinderspital Zentralschweiz erstmals in der Schweiz ein Bootcamp, in dem die Teilnehmenden in einem sicheren Umfeld notfallrelevante Prozeduren und Interventionen an Modellen und Puppen lernen und durchführen konnten. Die Supervision erfolgte durch ein interdisziplinäres Kaderteam der Kindernotfallmedizin, Kinderchirurgie, Anästhesie und Intensivmedizin. Dank der Beteiligung von Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen konnten die Teilnehmenden von einem breiten Spektrum an Perspektiven, Lehrmethoden und Fachkenntnissen profitieren. Dies führte zu einer effektiveren und ganzheitlicheren Lehrerfahrung.

Der Weg zum Erfolg: Bedarfserhebung und Konzept

Die Initiierung des Bootcamps erfolgte durch eine primäre Bedarfserhebung, für die das Organisationsteam des Bootcamps eine Umfrage an alle Kindernotfallstationen in der Schweiz verschickt hatte. Diese erfragte, welche Prozeduren und Skills thematisch abgedeckt werden sollten. Auf Basis dieser Rückmeldungen entwickelte das Organisationsteam ein Bildungskonzept und erstellte eine detaillierte Kostenaufstellung, um sicherzustellen, dass das Bootcamp finanziell tragbar ist. Zudem nahm sie Kontakt zu relevanten Institutionen wie der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie (SGP) und der Schweizerischen Gesellschaft für Kinderchirurgie (SGKC) auf, um sicherzustellen, dass die Veranstaltung den hohen Standards der medizinischen Fachgesellschaften entspricht und entsprechende Fortbildungspunkte erhält.

Fokus auf manuelle Fertigkeiten

Es gibt bereits etablierte Kurse wie «Advanced Trauma Life Support» (ATLS) oder «Pediatric Advanced Life Support» (PALS), die sich auf medizinische Simulationen konzentrieren und darauf abzielen, die verschiedenen Reanimationsalgorithmen in simulierten Notfallsituationen zu trainieren. Diese Kurse sind äusserst wertvoll und haben einen wichtigen Platz in der Ausbildung von medizinischem Fachpersonal. Das «Pediatric Emergency Medicine Bootcamp» hebt sich durch seine gezielte Ausrichtung auf manuelle Fertigkeiten deutlich von den anderen vorhandenen Angeboten ab. Es gibt bisher kein vergleichbares Workshop-Angebot in der Schweiz, das sich so explizit darauf konzentriert, ausschliesslich manuelle Fertigkeiten zu trainieren. Damit stellt das Bootcamp ein Novum in der Schweiz dar.

Richtige Materialien erlauben gezielte Übungen

Die vermittelten Kompetenzen und Fertigkeiten wurden in enger Abstimmung mit der PEMS und deren Prüfungskommission festgelegt, um höchste Qualität und Relevanz zu gewährleisten. So wurden zum Beispiel speziell entwickelte Modelle für die Repositionierung und andere Modelle für Prozeduren wie etwa die Einlage von Thoraxdrainagen oder Lumbalpunktionen erworben, um den Teilnehmenden optimale Übungsmöglichkeiten zu bieten. Durch die praktische Übung der unterschiedlichen Fertigkeiten erhalten die Teilnehmenden ein fundiertes Training, das ihnen ermöglicht, in Notfallsituationen effektiv zu handeln und eine adäquate medizinische Versorgung zu gewährleisten.

Weiterentwicklung in Planung

Im September 2024 fand bereits die zweite Auflage des Bootcamps statt, die sich über zwei Tage erstreckte. So bot sich den Teilnehmenden die Möglichkeit, eine breite Palette von Fertigkeiten und Interventionen unter einer interprofessionellen Supervision zu üben. In Zukunft soll das Bootcamp auch für Pflegefachpersonen zugänglich sein, um eine umfassende und interdisziplinäre Ausbildung zu ermöglichen. Durch seinen innovativen Ansatz füllt das «Pediatric Emergency Medicine Bootcamp» eine Lücke in der Ausbildung der interdisziplinären Kindernotfallmedizin und markiert einen bedeutenden Meilenstein in der Weiterentwicklung der Kindernotfallmedizin.