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Überstunden beim Abteilungswechsel gestrichen: Ist dies zulässig?

<4>Ich habe eine Anstellung als Assistenzarzt an einem Kantonsspital. Mein Arbeitsvertrag sieht vor, dass ich während meiner Weiterbildung in verschiedenen Abteilungen dieses Spitals arbeite. Nachdem ich mehrere Überstunden akkumuliert hatte, wurden diese beim Wechsel der Abteilung gestrichen. Ist dies zulässig? Wenn nicht, was kann ich dagegen tun?</4>

Der Arbeitsvertrag, den Sie unterzeichnet haben, wird durch das Obligationenrecht (OR; SR 220), durch das Arbeitsgesetz (ArG; SR 822.11) oder von einer kantonalen Regelung – im Kanton Freiburg beispielsweise vom kantonalen Gesetz über das Staatspersonal (StPG, SGF 122.70.1) und sein Reglement (StPR, SGF 122.70.11) – geregelt.

OR: Überstunden durch Freizeit oder Lohn entschädigen

Gemäss Obligationenrecht, Art. 321c Abs. 1 OR gilt: Wird gegenüber dem zeitlichen Arbeitsumfang, der verabredet oder üblich oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt ist, die Leistung von Überstundenarbeit notwendig, so sind Arbeitnehmende dazu so weit verpflichtet, als sie diese zu leisten vermögen und sie ihnen nach Treu und Glauben zugemutet werden können. Im Einverständnis mit den Arbeitnehmenden kann der Arbeitgeber die Überstundenarbeit innert eines angemessenen Zeitraumes durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer ausgleichen (Art. 321c Abs. 2 OR). Wird die Überstundenarbeit nicht durch Freizeit ausgeglichen und ist nichts anderes schriftlich verabredet oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt, so hat der Arbeitgeber für die Überstundenarbeit Lohn zu entrichten, der sich nach dem Normallohn samt einem Zuschlag von mindestens einem Viertel bemisst (Art. 321c Abs. 3 OR).

Kompensation im laufenden Jahr

Gemäss dem im Kanton Freiburg geltenden Reglement über das Staatspersonal gelten diejenigen Arbeitsstunden als Überstunden, die auf Anordnung oder mit dem ausdrücklichen Einverständnis der oder des Vorgesetzten zusätzlich zur ordentlichen Arbeitszeit geleistet werden (Art. 49 Abs. 1 StPR). Art. 59 Abs. 1 StPG hält fest, dass diese Überstunden noch im laufenden Jahr durch Freizeit ausgeglichen werden müssen. Diese Kompensation erfolgt, indem eine Überstunde mit einer Stunde Freizeit ausgeglichen wird (Art. 51 Abs. 1 StPR). Erfolgt innerhalb von sechs Monaten kein Ausgleich, haben die Arbeitnehmenden Anrecht auf eine Vergütung zum Stundenansatz und auf eine zusätzliche Entschädigung (Art. 91 Abs. 1 StPG). Diese zusätzliche Entschädigung entspricht einer Vergütung zum Stundenansatz des um einen Viertel erhöhten Monatsgehalts (Art. 51 Abs. 2 StPR).

Verträge genau prüfen

In Ihrer Situation muss Ihr Arbeitgeber Ihre Überstunden abgelten, wenn diese als solche anerkannt sind oder angeordnet wurden und wenn keine anderslautende schriftliche Vereinbarung oder Abmachung in Ihrem Arbeitsvertrag oder im Gesamtarbeitsvertrag vorhanden ist. Die Überstunden müssen entweder durch Freizeit von gleicher Dauer oder durch Zahlung des vereinbarten Lohnes plus Zuschlag von 25 Prozent abgegolten werden. Es obliegt also Ihnen, mit Ihrem Arbeitgeber in Kontakt zu treten, damit Ihre Überstunden auch tatsächlich abgegolten werden. Der Wechsel der Abteilung ist kein Grund, geleistete Überstunden zu streichen. Es ist daher unabdingbar, den Inhalt Ihres Arbeitsvertrages und der Reglemente oder Gesamtarbeitsverträge, die anwendbar sind, genau zu prüfen, um entsprechend handeln zu können.

Das wiederkehrende Problem der Überstunden

Die Frage der Streichung der von den Assistenzärztinnen und -ärzten geleisteten Überstunden wird von diesen häufig vorgebracht. Deren Überstunden sowie die Verantwortung, die sie tragen, werden nicht angemessen oder gar nicht entschädigt, was ein Gefühl der Ungerechtigkeit hervorruft, obschon sie eine wesentliche Rolle in der Gesundheitsversorgung spielen.